Schwerbehinderte Arbeitnehmer

Besonderer Schutz im Arbeitsrecht

Seit dem 1. Januar 2001 fasst das 9. Buch des Sozialgesetzbuches (SGB IX) die Regelungen zur Rehabilitation und
zur Teilhabe behinderter Menschen am Leben in der Gesellschaft zusammen. Die Regelungen betreffen insbesondere die Beteiligung Behinderter am Arbeitsleben und verfolgen das Ziel, deren Arbeitslosigkeit zu bekämpfen.

Vorraussetzungen
Die Voraussetzungen für eine Behinderung / Schwerbehinderung sind im Sozialgesetzbuch (SGB IX) geregelt. Es wird
zwischen behinderten und schwerbehinderten Menschen unterschieden. Behindert im Sinne von § 2 SGB IX ist jemand, dessen körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für sein Lebensalter typischen Zustand abweicht und daher seine Beteiligung am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt. Als von Behinderung bedroht gelten Menschen, bei denen eine solche Beeinträchtigung zu erwarten ist.
Schwerbehindert im Sinne des SGB IX sind solche Personen, die wenigstens einen Grad der Behinderung in Höhe von 50 Prozent aufweisen. Als Behinderung in diesem Sinne gilt jede nicht nur vorübergehende Funktionsbeeinträchtigung, die auf einem regelwidrigen körperlichen, geistigen oder seelischen Zustand beruht. Die Ursache der Behinderung ist unerheblich.

Gleichstellung
Nach § 2 SGB IX sind Schwerbehinderten solche Personen gleichgestellt, die einen Grad der Behinderung zwischen 30 und 50 Prozent aufweisen und die infolge ihrer Behinderung einen geeigneten Arbeitsplatz nicht erlangen oder nicht behalten können. Formales Merkmal der Anerkennung als Schwerbehinderter ist ein entsprechender Ausweis.

5-Prozent-Quote
Hinsichtlich der Beschäftigung Schwerbehinderter trifft die Arbeitgeber eine Pflichtquote. Diese Pflichtquote
beträgt 5 % (5-Prozent-Quote) und gilt ab 20 Beschäftigten. Danach muss ein Arbeitgeber auf 5 % seiner Arbeitsplätze
schwerbehinderte Menschen beschäftigen. Schwerbehinderte Frauen sind besonders zu berücksichtigen. Arbeitgeber mit bis zu 39 Arbeitsplätzen müssen zumindest einen, Arbeitgeber mit bis zu 59 Arbeitsplätzen zwei Schwerbehinderte beschäftigen.
Maßgebliche Vorschrift ist § 71 SGB IX. Die Erfüllung der Pflichtquote als einer Mindestquote befreit den Arbeitgeber nicht von seiner zusätzlichen Pflicht, bei der Besetzung frei werdender Stellen zunächst zu prüfen, ob ein Schwerbehinderter eingestellt werden kann (§ 81 SGB IX).
Die Ausgleichsabgabe bemisst sich danach, in welchem Umfang ein Arbeitgeber seiner Beschäftigungspflicht nachkommt. Öffentliche Arbeitgeber des Bundes: Die genannte Pflichtquoten gelten nach § 71 Abs. 1 SGB IX auch für öffentliche Arbeitgeber.

Anspruch auf Beschäftigung
Die Tätigkeit, des schwerbehinderten Arbeitnehmers, muss so beschaffen sein, dass er seine Kenntnisse und Fähigkeiten Kleines Arbeits- und Tarifrechts Lexikon möglichst voll verwerten und weiterentwickeln kann. Kurz gesagt: Sie muss seiner Qualifikation entsprechen.

Erhöhter Kündigungsschutz
Sowohl die ordentliche als auch die außerordentliche Kündigung eines Schwerbehinderten bedarf zu ihrer Wirksamkeit der Zustimmung des Integrationsamtes (=die zuständige Behörde). Erteilt das Amt die Zustimmung, hat der Arbeitgeber einen Monat Zeit, die Kündigung zu erklären. Die eigentliche Kündigungsfrist muss dann noch mindestens vier Wochen betragen. Ist der Schwerbehinderte noch nicht länger als sechs Monate im Betrieb beschäftigt, ist die Zustimmung des Integrationsamtes zur Kündigung nicht erforderlich. Greift der erhöhte Kündigungsschutz ein, ist die Kündigung bis zum Zeitpunkt der Zustimmung durch das Integrationsamt unwirksam. Das bedeutet insbesondere, dass der schwerbehinderte Arbeitnehmer sofortige Weiterbeschäftigung verlangen
kann (die Durchsetzung des Anspruchs erfolgt mittels einstweiliger Verfügung).
Der Schwerbehinderte ist vom Integrationsamt vor dessen Entscheidung anzuhören. Zudem muss eine Stellungnahme
des Betriebs- bzw. Personalrates und der Schwerbehindertenvertretung eingeholt werden.

Zusätzliche Rechte von schwerbehinderten Arbeitnehmern
Nach § 125 SGB IX haben Schwerbehinderte (nicht aber nach § 2 Gleichgestellte) einen Anspruch auf einen bezahlten Zusatzurlaub von 5 Tagen im Jahr. Nach § 124 SGB IX kann der Schwerbehinderte „Mehrarbeit“ verweigern, worunter auch die Ableistung von Überstunden zu verstehen ist. Nach § 123 SGB IX ist es unzulässig,
die Rente eines Schwerbehinderten auf sein Arbeitsentgelt anzurechnen.
Die Schwerbehindertenvertretung Die Interessenvertretung aller Arbeitnehmer auf betrieblicher Ebene ist der Betriebs- bzw. Personalrat oder die Mitarbeitervertretung. Um die Durchsetzung der spezifischen Interessen der Schwerbehinderten sicherzustellen, hat der Gesetzgeber in § 94 SGB IX die Einrichtung einer Schwerbehindertenvertretung vorgesehen.
Voraussetzung ist, dass wenigstens fünf Schwerbehinderte im Betrieb bzw. bei staatlichen Stellen in der jeweiligen Dienststelle tätig sind. Die Vertretung wird nach § 94 SGB IX gewählt und besteht aus einem Vertrauensmann oder einer Vertrauensfrau sowie einem Stellvertreter. Beide müssen nicht schwerbehindert sein. Voraussetzung ist allerdings, dass sie das 18. Lebensjahr vollendet haben und mindestens sechs Monate lang dem Betrieb angehören Ihre Aufgaben bestehen in der Interessenvertretung und der Beratung der Schwerbehinderten. Wahlberechtigt sind alle im jeweiligen Betrieb oder der Dienststelle beschäftigten schwerbehinderten Menschen.
Die Schwerbehindertenvertretung kann nach § 95 SGB IX u.a. direkt mit dem Arbeitgeber über Anregungen und Beschwerden der Schwerbehinderten verhandeln. Sie wacht über die Einhaltung der für Schwerbehinderte geltenden gesetzlichen Regelungen und unterstützt die Beschäftigten auch bei Formalien wie dem Antrag auf Feststellung der Behinderung und ihres Grades bei der zuständigen Behörde.
Die Schwerbehindertenvertretung kann an Betriebsrats / personalrats- bzw. MAV-Sitzungen teilnehmen.

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