Arbeitszeugnis

• Ein Arbeitszeugnis ist eine vom Arbeitgeber erstellte Urkunde über ein Dienstverhältnis.

• Der Arbeitnehmer muss das Zeugnis ausdrücklich verlangen.


Einfaches oder qualifiziertes Zeugnis
Ein Arbeitnehmer kann zwischen einem einfachen und einem qualifizierten Arbeitszeugnis wählen. Wenn lediglich die gesetzlichen Mindestanforderungen in Bezug auf den Inhalt erfüllt sind, dann spricht man von einem einfachen Arbeitszeugnis. Es enthält die Personalien und Angaben zu Art und Dauer der Beschäftigung, aber keine Wertungen.
Ein einfaches Zeugnis hat eher den Charakter einer Bescheinigung als den eines Zeugnisses.

In einem qualifizierten Arbeitszeugnis beurteilt der Arbeitgeber zusätzlich die Arbeitsleistung einschließlich der Qualifikation und das dienstliche Verhalten des Arbeitnehmers, wenn dieser das Unternehmen verlässt (Endzeugnis).
Wenn das Arbeitsverhältnis nicht beendet ist, aber ein triftiger Grund vorliegt, kann der Arbeitnehmer ein Zwischenzeugnis verlangen, wie etwa beim Wechsel des Vorgesetzten oder bei Versetzung auf einen anderen Arbeitsplatz.


Gesetzlicher Anspruch in Deutschland
Der Zeugnisanspruch ergibt sich aus dem Gesetz und aus den Tarifverträgen. Es gilt für alle Arbeitnehmer § 109 der Gewerbeordnung:

1. Der Arbeitnehmer hat bei Beendigung eines Arbeitsverhältnisses Anspruch auf ein schriftliches Zeugnis. Das Zeugnis muss mindestens Angaben zu Art und Dauer der Tätigkeit (einfaches Zeugnis) enthalten. Der Arbeitnehmer kann verlangen, dass sich die Angaben darüber hinaus auf Leistung und Verhalten im Arbeitsverhältnis (qualifiziertes Zeugnis) erstrecken.

2. Das Zeugnis muss klar und verständlich formuliert sein. Es darf keine Merkmale oder Formulierungen enthalten, die den Zweck haben, andere als aus der äußeren Form oder aus dem Wortlaut ersichtliche Aussage über den Arbeitnehmer zu treffen.

3. Die Erteilung des Zeugnisses in elektronischer Form ist ausgeschlossen. Bei dieser Neufassung wurde das sprachlich veraltete Wort „Führung“ durch „Verhalten im Arbeitsverhältnis“ ersetzt. Gemeint ist das Sozialverhalten im Unternehmen gegenüber Vorgesetzten, Kollegen, Mitarbeitern, Kunden, Besuchern.


Ein Zeugnis darf keine doppelbödigen Formulierungen enthalten; die Zeugnisaussagen müssen eindeutig sein, klar und verständlich formuliert. Für Beschäftigte im öffentlichen Dienst fanden und finden sich entsprechende Regelungen in den (Mantel-)Tarifverträgen. Anspruch haben auch leitende Angestellte, Teilzeitkräfte, Aushilfen, Beschäftigte mit befristeten Arbeitsverträgen, Praktikanten. Auszubildende haben einen Anspruch nach § 16 Abs. 1 Berufsbildungsgesetz.


Fälligkeit
Das einfache Arbeitszeugnis wird in der Regel mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses fällig. Das Zeugnis gehört zu den Arbeitspapieren und ist bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses fällig. Der Anspruch besteht aber bereits früher.
Ein Arbeitnehmer kann schon beim Zugang der Kündigung oder bei Eigenkündigung ein vorläufiges Zeugnis verlangen.
Wird ein Aufhebungsvertrag geschlossen, kann die Fälligkeit durch eine entsprechende Klausel festgelegt werden.


Rechtsgrundsätze


Wahrheitspflicht
Ein Arbeitszeugnis muss wahr sein und alle wesentlichen Tatsachen enthalten, die für eine Gesamtbeurteilung von Bedeutung sind und an denen ein künftiger Arbeitgeber ein „berechtigtes, billigenswertes und schutzwürdiges Interesse“ haben könnte. Dabei ist der Arbeitgeber nicht zur schonungslosen Offenbarung aller ungünstigen Vorkommnisse verpflichtet. Negative Beurteilungen sind nur dann zulässig, wenn sie für die gesamte Dauer der Beschäftigung charakteristisch waren.


Wohlwollen
Das Zeugnis muss wohlwollend formuliert sein und darf das berufliche Fortkommen nicht ungerechtfertigt erschweren. Beim Wohlwollen ist der Maßstab eines verständigen Arbeitgebers anzulegen. Im Übrigen ergibt sich das verständige Wohlwollen auch aus der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers.


Vollständigkeit
Vollständigkeit bedeutet, dass das Zeugnis keine Lücken enthalten darf. Es müssen alle für die Beurteilung der Leistung und der Führung wichtigen Dinge erwähnt werden. Der Zeugnisaussteller darf nichts auslassen, was der Zeugnisleser üblicherweise erwartet.


Formulierungsfreiheit
Der Zeugnisaussteller ist frei bei der Wortwahl und Satzstellung.


Aufgabenbeschreibung
Bei der Beschreibung der Tätigkeit sind dem Zeugnisaussteller enge Grenzen gesetzt. Bei der Bewertung von Führung und Leistung dagegen hat er einen beträchtlichen Beurteilungsspielraum. Er kann frei entscheiden, welche positiven und negativen Eigenschaften und Fähigkeiten er mehr hervorheben will als andere. Maßstab ist der durchschnittlich befähigte und vergleichbare Arbeitnehmer seines Betriebes. Ein Zeugnis muss die Tätigkeiten so vollständig und genau wiedergeben, dass sich künftige Arbeitgeber ein klares Bild machen können. Unwesentliches darf der Zeugnisaussteller weglassen, nicht aber Aufgaben, die etwas mit den Kenntnissen und Leistungen des Arbeitnehmers zu tun haben. Die Auslassung berufs- oder branchenüblicher Eigenschaften und Leistungen in einem Arbeitszeugnis stellt regelmäßig einen (versteckten) Hinweis für den Zeugnisleser dar, der Arbeitnehmer sei in diesem Merkmal unterdurchschnittlich oder allenfalls durchschnittlich zu bewerten.
Nach den Grundsätzen von Zeugnisklarheit und Zeugniswahrheit hat dann der Arbeitnehmer Anspruch darauf, dass ihm ein ergänztes Zeugnis erteilt wird. Der Zeugnisaussteller muss aber Tätigkeiten nicht erwähnen, die für eine Bewerbung keine Bedeutung haben. Eine Aufgabenbeschreibung in Stichworten ist zulässig.
Beschreibt ein Zeugnisaussteller sehr ausführlich die Tätigkeiten, dann muss er sich in entsprechender Breite auch zu seinen Leistungen verhalten, weil sonst der Eindruck entsteht, der Arbeitnehmer habe sich bemüht, aber im Ergebnis nichts geleistet.


Beurteilung der Leistung
Die Beurteilung der Leistung lässt sich in verschiedene Bereiche unterteilen. Zu beurteilen sind die Fähigkeiten und Kenntnisse des Arbeitnehmers, seine Arbeitsweise und sein Arbeitserfolg. Auch Leistungsbereitschaft, Belastbarkeit und Zuverlässigkeit werden typischerweise beurteilt, ein Fehlen einer dieser Komponenten stellt üblicherweise ein „beredtes Schweigen“ dar.
Der Arbeitgeber hat einen Beurteilungsspielraum, der von den Arbeitsgerichten nur sehr begrenzt überprüfbar ist. „Voll überprüfbar“, so das Bundesarbeitsgericht, „sind dagegen die Tatsachen, die der Arbeitgeber seiner Leistungsbeurteilung zugrunde gelegt hat.“
Doch ein Arbeitgeber kann die „Tatsachen“ ganz anders sehen als der Arbeitnehmer. Die Beurteilung der Leistung ist immer subjektiv und kann deshalb auch falsch sein, weil Menschen sich irren können. Das Problem ist objektiv schwer zu lösen. Ein Arbeitnehmer schuldet vertraglich eine Leistung mittlerer Art und Güte also eine „befriedigende Leistung“. Will ein Arbeitnehmer vor dem Arbeitsgericht eine bessere Bewertung erstreiten, muss er Tatsachen vortragen um zu beweisen, dass sich eine bessere Beurteilung ergeben soll.“
Beurteilt der Arbeitgeber die Leistungen unterdurchschnittlich, also schlechter als „befriedigend“, ist er beweispflichtig.
Ein Arbeitgeber ist auch frei in seiner Entscheidung, ob er den sogenannten Zeugniscode („hat stets zu unserer vollsten Zufriedenheit gearbeitet“) verwendet oder eine nicht codierte Formulierung, wie etwa: „Er erzielt sehr gute Ergebnisse.“ Das Bundesarbeitsgericht hat aus „Gründen der Rechtssicherheit“ die Formulierungen des Zeugniscodes akzeptiert, obwohl sie wohlwollender klingen als sie gemeint sind.
Ein Arbeitnehmer hat keinen Anspruch auf eine bestimmte Formulierung.


Unterschrift
Das Zeugnis muss vom Arbeitgeber unterschrieben werden, dessen Name und Position darunter in Maschinenschrift zu lesen ist.


Grund des Ausscheidens
Grund und Art des Austritts dürfen ohne das Einverständnis oder gegen den Willen des Zeugnisempfängers aus dem Zeugnis nicht ersichtlich sein.
Bei einer fristlosen Kündigung seitens des Arbeitgebers darf nicht im Zeugnis stehen:
„Das Arbeitsverhältnis endete durch fristlose arbeitgeberseitige Kündigung“.
Zulässig wäre die Formulierung: „Das Arbeitsverhältnis endet am …“ (LAG Düsseldorf 1. Oktober 1987, 9CA 2774/87).


Schlussformel: Bedauern, Dank, Zukunftswünsche
Das Bundesarbeitsgericht hat festgestellt, dass Schlussformeln in Arbeitszeugnissen häufig verwendet werden, aber trotzdem kein Anspruch darauf besteht. Die Schlussformel, so das Bundesarbeitsgericht, betrifft weder Führung noch Leistung und gehört nicht zu dem gesetzlich bestimmten Mindestinhalt des Arbeitszeugnisses.


Doppeldeutige Formulierungen
In Arbeitszeugnissen in Deutschland dürfen keine doppeldeutigen Formulierungen stehen, mit denen der Arbeitnehmer kritisiert wird.


Geknicktes Arbeitszeugnis
Ein Zeugnisaussteller darf das Zeugnis zweimal falten und in einen üblichen Briefumschlag stecken. Voraussetzung ist, dass das Originalzeugnis kopierfähig ist und die Knicke im Zeugnisbogen sich nicht auf den Kopien abzeichnen.


Keine Mitbestimmung der Personalvertretung
(Betriebsrat, Mitarbeitervertretung, Personalrat)
Ein Arbeitszeugnis ist eine Beurteilung. Das Mitbestimmungsrecht bezieht sich nicht auf die Beurteilung im Einzelfall.
Es bleibt dem Arbeitnehmer aber unbenommen, den Betriebsrat, die Gewerkschaft oder den Personalrat überprüfen zu lassen, ob das vom Arbeitgeber ausgestellte Zeugnis den Anforderungen genügt.


Was nicht im Arbeitszeugnis stehen darf
• Außerdienstliches Verhalten, Vorkommnisse aus dem Privatleben
• Betriebsratstätigkeit (Ausnahme: Freistellung länger als ein Jahr)
• Schwangerschaft, Mutterschutz
• Gewerkschaftszugehörigkeit
• Parteimitgliedschaft
• Nebentätigkeit
• Schwerbehinderteneigenschaft
• Gesundheitszustand (Ausnahme: wenn eine akute Gefährdung Dritter ernsthaft zu befürchten ist, z.B. Epilepsie)
• Anzahl Krankentage (Ausnahme: wenn die Fehlzeiten im Verhältnis zur Gesamtdauer des Arbeitsverhältnisses beträchtlich sind, z.B. über 50 %)
• Straftaten, wenn sie nicht unmittelbar das Arbeitsverhältnis berühren
• Verdacht auf strafbare Handlungen
• Streik und Aussperrung
• Wettbewerbsverbote

 

Verjährung und Verwirkung
Nach § 195 BGB beträgt die Verjährungsfrist für Arbeitszeugnisse drei Jahre. Sie tritt vorher ein, wenn der Anspruch verwirkt oder die Erfüllung unmöglich geworden ist. Das wird immer dann zutreffen, wenn der Arbeitgeber nicht mehr in der Lage ist, ein wahrheitsgemäßes Zeugnis auszustellen.

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